Gleichgewicht

Als die ersten in prekärem gleichgewicht errichteten steingebilde aufgetaucht sind, ist das eine oder andere darunter gewesen, das eine vorstellung davon verraten hat, was den erbauer wohl bewogen haben mochte, die gefundenen steine auf diese und keine andere weise anzuordnen. In der folge sind diese exemplare so gut wie verschwunden. Sie sind untergegangen, in dem, was sich rasend schnell wie eine seuche ausgebreitet hat: dem ideenlosen aufschichten von steinen. Wenn man an solchen trostlosen haufen steinerner fundstücke vorbeikommt, ergreift einen unwillkürlich der gedanke, dass sie sich einzig und allein dem impuls verdanken, jedem umsturzversuch trotzen zu wollen. Aber wie heißt es doch so schön, wenn eine idee die massen erfasst, kommt sie im allgemeinen getümmel um.

Naturschönes

Es ist irgendwie in mode gekommen, dem naturschönen keine ruhe zu lassen. Diese überdimensionale spatzenschleuder zum beispiel belegt die emsigkeit, mit der sich leute immer wieder daran machen, hand anzulegen, um dem vorgefundenen etwas hinzuzufügen. am besten etwas, das sich auf den ersten blick abhebt, etwas nach oben strebendes. Es geht nach oben, ist die devise. das ist fest im kopf verankert, auch wenn es am ende aller tage definitiv anders aussieht. aber solange es nicht erreicht ist, wird munter gewerkelt, um die welt mit zeugnissen eigener aktivität auszustatten. Gut, dass die meisten gebilde freizeitlichen gestaltungswillens nur temporäre erscheinungen bleiben, und, jammerschade, dass das meiste dauerhaften wirkens auch nichts mit kunstschönem zu tun hat.

Leuchtturm

Von da oben, vom rand der felsen aus, sieht er klein aus, sehr klein. ich habe keine ahnung von leuchttürmen oder leuchtfeuern, nur so viel, dass sie den weg weisen sollen und das licht kilometerweit zu sehen ist. Was mich bei diesem exemplar beschäftigt, ist die frage, was passiert, wenn er mal ausfällt. Wie wird die lampe ausgewechselt? Muss dann jemand sofort ausrücken, auch bei nacht? Oder hat das zeit bis zum nächsten morgen. Wie gelangt man dahin? Muss man rausrudern oder wartet man auf die flut, um trockenen fusses zum turm zu gelangen. Gibt es gar einen geheimen gang? Die spannendste frage aber: wer sagt denn wem, dass das licht ausgefallen ist? Wer also kontrolliert das leuchten? Sitzt da einer die nacht hindurch wach? Oder melden sich die seefahrer selbst: he, das licht ist aus!

Küste

Szenenwechsel. ein sehr harter schnitt. Vom mythenbeladenen berg an die küste der ostsee. Ein schmaler weg entlang der küste. Ein diesiger tag im sommer. Das wetter spielt falsch. Ruhiges wasser. ein dünner strich trennt das wasser vom horizont. Ein paar kahle äste am hang. Ein paar tupfer grün, die dem grau widerstehen. Stille und kargheit. & ein streifen ferne. Ein tag ohne kontraste, wie im herbst. Nichts deutet darauf hin, dass etwas passieren wird, dass noch jemals etwas passieren wird. So kann es weitergehen. Wie der pfad hinter dem geäst, den wir entlang spazieren. einen fuss vor dem anderen. Mal nebeneinander, mal auf gleicher höhe. Manchmal sprechen wir miteinander. Dazwischen schweigen wir. So kann es weitergehen, bis das licht verblasst & ins dunkel kippt.