Kühles hellblau

hellblau weiß mit roten blättern

Dieser von kühlem hellblau durchzogene, rot flammende busch muss es wohl gewesen sein, den der eine vision suchende Moses vor augen gehabt hat, damals auf dem berg Horeb, als er sich das hirn zermartert hat, wie er einen ausweg aus der verfahrenen situation finden könnte. Ziemlich lang hat er da gehockt, in der hitze im schneidersitz, bis er sich sicher gewesen ist, dass es funktionieren kann. Ja, sagt er zu sich, so könnte es gehen. & dann denkt er noch daran, als er die sanddünen herunterrutscht, wie er die zweifler, die es sicherlich geben würde, überzeugen kann, dass sein plan aufgeht, sich einfach auf und davon zu machen, also aus Ägypten abzuhauen. Etwas zündendes müsste es sein, am besten so etwas, das als zeichen herhalten kann, als zeichen eines unabwendbares schicksals. Ein einsam brennender busch, das wärs doch.

Position

Nach oben geschaut, die eigene position abgemessen, ein ruhiger blick hinauf zum hellblau. die mauerkante ins visier genommen, die muskeln gespannt – und hopp, mit einem satz hinauf aufs steinerne plateau. Eine pause einlegen, sich sammeln und ein seil mit kralle so lange auswerfen, bis sie sich an der mauerkante verhakt. Ihren festen sitz prüfen, mehrmals, um sicher sein zu können. Dann am seil hinauf nach oben. Aber was dann? Was eröffnet sich dem auge, die arme auf dem mauersims gestützt? Die sicht auf eine landschaft? Auf ein dach, das zu begehen ist und einen rundblick gestattet? Oder befindet sich da nur ein weiterer steinquader, der den blick verstellt? & was, wenn dahinter nichts ist? Wenn es nur die mauern und das hellblau gibt. Was hieße das für den kletterer? Sich ins hellblau stürzen oder umkehren?

Abends

Abends, die sonne ist längst dem dunkel gewichen, so wie die beiden trinker aus dem bild verschwunden sind. Wahrscheinlich nur für einen moment haben sie den tisch verlassen, an den sie zurückkehren werden, denn da ist noch wein in glas und flasche. Aber gewiss ist das nicht. Denkbar auch, dass nicht nur eine flasche geköpft worden ist und die zecher in ihrem kampf für grenzenlosen genuss und unbekümmerten rausch die waffen gestreckt haben und dass sie nun am unvermeidlichen ende ihrer bemühungen in einen unruhigen schlaf gesunken sind. Klar nur, dass es sich um einen rotwein handelt und um banausische trinker, die dem wein keinen platz zum atmen lassen. Zu erkennen auch, dass der tisch recht schief steht oder derjenige, der die aufnahme gemacht hat. Wie so oft, bleibt einiges im vagen.

Mächtiger baum

Der baum tut mir leid, trotzdem er mächtig aufragt, den platz dominiert, an dessen seite drei personen, eine davon mehr breit als hoch, auf einen mauerdurchgang zusteuern. Er tut mir mehr leid als die bäume, die hinter der mauer einander gesellschaft leisten. Er tut mir leid, nicht weil er allein dasteht, sondern weil er ein gefangener ist, ein gefangener der geometrie dieses platzes, dieses teils der klosteranlage. Er ist der rechteckigen struktur unterlegen, die ihn einfasst und erstickt. Möglicherweise dächte spinoza darüber anders, der eine ethik nach geometrischer methode entwickelt hat. Vielleicht gefiele auch ihm dieser ort, an dem sich eine wohl gefügte ordnung offenbart, die nichts gemein hat mit einem spiritualismus des wucherns und der vielgestaltigkeit.